Freitag, 15. August 2014

an die tafel zum trojanischen pastetchen

freunde das menu ist angerichtet. an die tafel. ein traum der jeder träumt. das erste album machen. das baby. eher mit einem dreckigen one night stand als mit viel liebe gezeugt. dafür die shirts dazu in top qualität. die ganze social media (um das unwort beim namen zu nennen), die ganze social media lawine losgetreten. mehr strategie im vertriebsdschungel als im eigentlichen produkt, hochgepusht wie die pilze im marioland. wie soll ich meiner tochter jemals erklären dass sie damit nicht liebäugeln soll? das cover vom schneider, die aufnahmequali vom chirurg. apple macintosh verpackung. der rotz wird zum trüffel und sobald der trüffel einmal status erreicht hat, ist es nicht mehr lässig ohne trüffel zu leben. aus einer hure wird eine grazie gemacht, obwohl die hure wenigstens über kredibilität verfügt und eine authentische liebe ausstrahlt. vorspeise.


der musik wegen ging ich. hätte auch ein alligator spielen können, hätte ers drauf gehabt. hätte ihn nichtmal grüssen müssen oder ein bier ausgeben. hätte ihm einfach nett zugelächelt und er mir auch. der nachmittag im mittelpunkt und bei der abendvorstellung der abend. die texte aufgesogen wie ein schwamm und mit ins bett genommen. der guten zeit wegen. die musik genossen ohne aufzufallen. einfach hingegangen und wieder nach hause. und meine freunde auch. und alle haben sie das vorgetragene im kopf in ihre einzelteile zerlegt. kein richtig und kein falsch. das ganze konzert war der mittelpunkt an sich. für manche der beginn einer freundschaft, für manche nur eine gute zeit. so wars und so wird es niemals wieder sein. hauptgang.


irgendwann geht jede vorstellung zu ende. der ruhm, der glanz, der schalk, all das bleibt nicht. es bleibt nur die musik der musik willen. gratis zum mitnehmen. dessert.

Mittwoch, 28. Mai 2014

Die verlorene Schönheit des Alleinseins



Nichts gibt meiner geschundenen Seele mehr Kraft als Ruhe. So gesehen ist eine leere Bahnhofshalle für mich ein Ort der Spiritualität, ein urbaner Tempel, eine misanthropische Utopie. Wenn das altgediente, rüstige Mühleberg also mal einen nuklearen Fallout verursachen sollte, so wäre ich einer der Wenigen, die dem Übel auch etwas Positives abgewinnen können. Meiner Meinung nach ist das grösste Problem unserer Zeit, dass es zu viele Menschen gibt. Diese Aussage alleine ist aber schon sehr bedenklich, denn wenn man diesen Zustand als Problem identifiziert, dann müsste man konsequenterweise auch über eine Lösung nachdenken. Die Lösung wäre, eine Welt zu schaffen, in der weniger Menschen existieren, also Genozid. An der Stelle wird das Thema eigentlich zu unbequem um fortzufahren. Überbevölkerung, Ressourcenknappheit und ausuferndes Bevölkerungswachstum sind globale Themen, die von Politikern, Professoren und Dokumentarfilmern / Möchtegernkomikern gerne aufgegriffen werden. Da ich aber kein Atlas bin, will ich diese Weltlast nicht schultern und konzentriere mich daher auf ganz konkrete Symptome, die mein eigenes Ich nachhaltig beeinflussen. Mich belasten die hektischen Bahnhofshallen dieser Welt, vollgestopft mit gehetzten Pendlern und neugierigen Touristen; die spanische Treppe in Rom, nonstop belegt von Menschenmassen, ihrer stillen Pracht beraubt; das Montmartre Quartier in Paris, dass den künstlerischen Hauch der zwanziger Jahren gegen touristisches Big Business getauscht hat; die idyllischen Orte in unseren Wäldern, Grillstellen, Picknickplätze und Badeplätze an Flussufern und Seen, überlaufen mit allerlei jungen und alten Menschen mit Hunden und Kindern; die grossen Errungenschaften und Ankerpunkte unserer Kultur - all die grossartigen Dinge, die man vor ein paar Jahrzehnten noch als individuelles Erlebnis geniessen konnte. Man spricht von Dichtestress, von einem Gefühl der Enge und Klaustrophobie. Worüber man nicht spricht, ist die verlorene Schönheit der Welt. Die einzigartigen Orte, die wir nur noch auf alten Fotographien in ihrer wahren, menschenlosen Erhabenheit bewundern können. Vielleicht meint man das, wenn man sagt, dass früher alles besser war.

Montag, 26. Mai 2014

john tyzacke hält die fahne hoch


das brummen im rücken und ein tiefer zug von der zigarette. vielleicht lässt das alter die zigaretten besser werden und mit jedem zug wird die vergangenheit herangesogen, bis sie präsent ist und realer, als die eigentlichen momente die sich vor langer zeit abgespielt haben. selbst das brummen der waschmaschine lässt ein gefühl von vertrautheit aufkommen und der öffentliche salon ist heute das, was früher das bahnhofsrestaurant oder der platz des pétanque spiels war. das warten auf die wäsche hat mehr zeit als früher und manchmal wünscht man sich, die maschine würde in der endlosschlaufe weiterkurbeln. geniessen will gelernt sein, und trotz abhanden gekommenem eifer, wird die wäsche genau so sauber wie damals. die streitigkeiten mit den mitbewerberinnen sind beigelegt und irgendwie hat man erkannt, dass all die männer, um die man sich damals gezankt hat, schluss am ende nicht das versprachen was von ihnen erhofft wurde. im gegenteil, mit einem müden lächeln werden sie in einem nebensatz erwähnt. hin und wieder wird über ihre plätze auf dem örtlichen friedhof gesprochen, aber gepflegt sind ihre gräber nicht. es ist wichtiger, dass die nachkommen nicht die selben entscheidungen treffen, dass sie schlauer sind und selbstbewusster. trotzdem will man ihnen die weisheit mit auf den weg geben, dass die liebe über jedem besitz steht, dass die leidenschaft es ist, die die grenze zwischen wahnsinn und verrückheit definiert. und schlussendlich ist es die hoffnung selbst, die einem am leben erhält. Die hoffnung, dass diese geschöpfe all das erreichen was man ihnen von herzen wünscht. das leben ist nicht einfacher geworden und mit der ganzen komplexität des zeitgeistes, gewinnen routinearbeiten wie wäsche waschen an bedeutung. was früher verflucht wurde wird heute geliebt. unsere grossmütter sind christkinder und wir sollten sie auf jeden fall in ehre halten.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Die tote Gasse

Durch diese tote Gasse muss ich gehen. 

Schiller war vorgestern, heute ist tot das neue hohl. Das denke ich, währenddem ich in diese finstere, lange Gasse einbiege. Meine Fingerkuppen streichen langsam über die poröse Oberfläche der Sandsteinmauern. Die vertrauten Pickel im Gesicht dieser mir so geliebten Stadt. Mit meinen Füssen versuche ich nur auf die weissen Pflastersteine zu treten. Es ist das alte Kinderspiel, dass die dunklen Steine in flüssige Lava verwandelt und mich mit grossen, gezielten Schritten herumstelzen lässt. Ein dezenter Ammoniakgeruch dringt in meine Nase. Vielleicht ist es auch der Geruch aus einem offenen Fenster einer Wohnung, in der eine fleissige Hausfrau gerade eine währschafte Bernerplatte zubereitet. Riecht Sauerkraut so? Rippli und Speck jedenfalls nicht, da dominiert der Geruch von Pökelsalz und saftigem Fett. Ich entdecke eine Pfütze vor einem Hauseingang und frage mich, woher diese Flüssigkeit wohl kommen mag. Geregnet hat es in letzter Zeit nicht. Als ich näher trete, erkenne ich das international bekannte Piktogramm, welches eine Tür als Zugang zu einer Toilette kennzeichnet. Kann der flüchtige Ammoniak-Bernerplatten-Geruch gar ein Uringestank sein? Ich wäge die Möglichkeit ab und werfe dabei weitere Fragen auf. Wenn jemand tatsächlich die Dreistigkeit besitzt, in eine Gasse zu urinieren, warum tut er es dann gerade vor der Tür einer öffentlichen Toilette? Das wäre so, als ob man sein eigenes Essen in eine Suppenküche bringen würde oder als ob man an ein Konzert gehen würde, nur um dann mit Kopfhörern eigene Musik zu hören. Warum ging der Kerl nicht rein und wickelte dieses Geschäft ganz ordentlich ab. War das irgendein trauriger Zyniker, der sich so gegen das Establishment auflehnen wollte? Oder war es ein Trunkenbold, der die Tür nicht mehr rechtzeitig öffnen konnte? Vielleicht war die Tür schlicht verschlossen, so dass dem Täter keine andere Möglichkeit blieb. Bei genauerer Betrachtung stelle ich fest, dass Wasser unter der Tür raus läuft. Also ist das möglicherweise gar kein Urin. Ich versuche die Tür zu öffnen, was nicht so einfach ist. Mit ganzer Kraft gelingt es mir schliesslich, die Tür springt mit einem krachenden Knall auf und eine unglaubliche Menge Wasser schiesst mir in Form einer Flutwelle entgegen. Die Massen reissen mich um, reissen mich mit und tragen mich die Gasse runter, vorbei an dem bereits zurückgelegten Weg, vorbei an den imaginären Lavapflastersteinen und vorbei an den geliebten Sandsteinmauern. Die Gasse verwandelt sich in einen reissenden Fluss mit stetig steigendem Pegel. Panisch schnaufend schwimme ich mit dem Strom, durch die Lauben, die überflutet werden, am Münster vorbei, bis ich mich schliesslich auf das goldene Dach des Bundeshauses retten und erschöpft auf die überschwemmte Stadt blicken kann. Bekümmert denke ich über mein Unglück nach und verstehe, warum man nie auf einer öffentlichen, sondern davor urinieren sollte. Hätte ich doch bloss nie diese tote Gasse betreten.

Freitag, 2. Mai 2014

sunshine view


ehrenwerter gumble. danke für das bild. ich wusste ehrlich nicht wie ich mich entscheiden soll, ob ich dieses wunderschöne Foto nun mit einem gedicht über langnese Kühltruhen beweihräuchern soll oder gar einen Limerick kicken? es kommt mir vor als wären die Möglichkeiten unbegrenzt und wenn ich daran denke, dann kommt mir in den sinn, dass das naheliegendste nicht unbegrenzt sein kann. ich habe mich jetzt entschlossen, das bild zuerst analytisch zu betrachten, was dann kommt ist sozusagen supplement. es gibt mehrere Gesichtspunkte unter denen man die Sache angehen kann. zum Beispiel die Sonnenschirme studieren, die topographie der Landschaft und ich bin mir auch sicher, ein mancher Japaner könnte die herrliche Seezunge im hintergrund entschlüsseln. nicht zuletzt ist natürlich die Kleidung ausschlaggebend, um das bild zumindest zeitlich einer Epoche zuzuordnen. ich denke der Zeitpunkt des Schnappschusses geht mit der hochblüte der Bazooka Kaugummis einher, eine zeit voller elan und Bourgeoisie, eine zeit in der die Tennisplätze dem Proletariat nicht zugänglich waren. es galt damals als schick, seine Freundin an einschlägige aussichtsorte mitzunehmen, den arm um ihre schultern zu legen und dann zu sagen schau her mein schatz, das ist dieser see und das ist jener berg. und dann, wurde sie gefragt, ob sie lust auf ein eis hat und mit glänzenden augen hat sie dann ja gesagt, am liebsten einen bananasplit. die kurzen röcke galten seit Einführung des push-up BHs ebenfalls als schick, und diese selbstbewusste attitüde hat den bauchfreien neunzigern quasi den weg geebnet. die Werbeplakate sahen in dieser zeit allerdings noch richtig prüde aus und die meisten Produkte wurden mit farbigen Tieren anstatt mit nackten hintern beworben. bilder wie dieses galten kurz nach der jahrtausendwende als harmlos und man begann, sie in englische Lehrbücher einzubauen und  mit belanglosen shortstories zu verbinden. this is sue and this is terry. ausserdem fanden skirennen zu dieser zeit mehr Beachtung in der breiten Öffentlichkeit und bei Schlägereien wurde nur selten nachgetreten. ausflüge wie der obige fanden meistens am sonntag statt. da die Gesellschaft damals nicht dem selben stress wie heute ausgesetzt war, galt der sonntag tatsächlich noch als tag der Erholung und der gefühlsmässige übergang von sonnabend in den montag unterlag keinen grossartigen stimmungsschwankungen. ich weiss nicht was ich noch mehr dazu sagen kann, den abgesehen davon ist heute noch das meiste gleich, wenn auch der seespiegel ein wenig gestiegen sein dürfte.